Bericht über eine Untersuchung des Obersachwalters
Petrejus zu den Vorfällen im Gute Depenau am 23.März 1707, ihren Ursachen,
Weiterungen und Konsequenzen.
Durchlauchtigste Erbprinzessin und Herzogin
Hochwürdigster
Durchlauchtigster Bischoff
Gnädigste Frau und Herr
Als Eure Königl.Hoheit und Hochfürstlichste Durchlaucht mir gnädigst
anbefohlen, ein förmliches Factum von der auf Depenau jüngsthin zwischen dem
Herrn Obrister und seinen Unterthanen passierten Aktion in die Feder zu fassen
und an Dero hochbetrauten Geheimsten Ratspräsidenten des Herrn von Wedderkopp
Ex... nach Hamburg zu übersenden, so hätte mich auf meine vorhin deswegen
abgestattete aller- und untertänigster Relation beziehen können; als worin die
meisten Umstände, wie alles sich angefangen, wie einer getötet, viele blessiert,
drei davon auf dem Platz wegen ihrer härteren Blessuren liegen blieben, zweie
echapirt, fünf mitgenommen und nebst allen Hauswirten des Gutes in harte
Gefängnisse gelegt, der Wahrheit und dem Befinden gemäß entworfen sei.
Allein, da ich vermute, aß Eure Königl.Hoheit und Hochfürstliche Durchlaucht
gnädigst wissen wollen, wie die Untertanen von dem Herrn Obrister regiert, was
für gegründete Klagen sie gegen ihn und er wider sie habe, so solche
Verbitterung zwischen Obrigkeit und Untertanen anrichten können, daß es zum
Überzug, zum Gefecht und Blutvergießen endlich ausgeschlagen :
So habe meine
untertänigste Schuldigkeit zu sein erachtet, aus denen aufgenommenen
summarischen Depositionen alles von Anfang bis zum Ende zu deduzieren
[abzuwandeln], worüber die Schrift etwas weitläufiger als vermutet erwachsen.
Dannenhero untertänigst anzuzeigen nötig erachte, wie in den ersten 14 Seiten
des Facti bloß die Begegnisse, welche der Untertanen Geduld zur Desperation
gebracht und was von den Untertanen hinwider unternommen, so der Herr Obrister
zu solcher Klage mag animiert haben, verfasset sei : welches eigentlich dem
geschehenen Totschlag, wovon hier die vornehmste Frage wohl ist, nichts zu geben
noch zu nehmen scheuet. Worauf erst Seite 5 et Sepp (?) folge eine umständliche
Beschreibung, wie die unglückliche Aktion am 23. März sich angefangen, verweitet
und endlich beschlossen sei. Damit Eure Königl. Hoheit und Hochfürstliche
Durchlaucht sofort gnädigst urteilen möge, wie weit es etwa nachzulesen. Sonsten
habe mich in der Relation von dem am 23. März passierten bloßerdings der, so
abseiten des Herrn Obrister damals mit gewesen, oder sonsten von ungefähr
dazugekommen getane Aussage bedient, weilen dem Vermute nach dieselbe nicht mehr
für die Untertanen als den Herrn Obrister passioniert sein können. Aus deren
Aussagen der Herr Obrister bei der eines vorsätzlichen unnötigen Totschlages an
einem unschuldigen Menschen begangen wird conviciret sein. Vornächst Euer
Königl.Hoheit und Hochfürstlicher Durchlaucht zu Hochfürstlicher Gnade und Hulde
mich empfehle
Euer Königl.Hoheit
und
Hochfürslicher Durchlaucht
untertänigster ... ... Petrejus
Factum
§1 Es sind die Depenauer Untertanen hiervor in gutem Stande gewesen,
indem von der Herrschaft ihnen nicht nur allerlei Freiheit, Handel und Wandel,
und was sie dadurch etwa erworben, gegönnet und erlassen worden, sondern sie
auch große Weiden und genugsame Ländereien bei ihren Hufen, hergegen leidliche
Hofdienste zu verrichten gehabt. Dannenhero ist es ihnen so viel härter
vorgekommen, wie der jetzige Besitzer Tit: Herr Jochim Brockdorff Obrister vor
einigen Jahren angefangen, sie aus solchem Wohlstand herauszusetzen, über ihre
Habseligkeiten, über ihre Person, über ihre Wohlfahrt mehr als despotisch mit
aller Strenge zu disponieren, dabei ihre bißchen gehabte Ländereien, wofür sie
ihre Hofdienste und gewöhnliche praestanda praestiren, ihnen nachgrade zu
entziehen, die ... und Hofdienste ihnen zu verschweren.
§2 Es hat das Gut Depenau sonsten drei Dörfer gehabt, so alle zu Bornhöft
eingepfarret, da doch der Hof nach Preetz gehört, namentlich Wankendorf, Stolpe
und Horst. Das letzte, worin fünf volle Hufener gewesen, hat der Herr Obrister
niedergelegt, die Hauswirthe haben mehrenteils Insten werden müssen, denen
Plätze zu neuen Wohnungen und Ländereien in Wankendorf und Stolpe gegeben
worden, welche diese nicht nur verlieren, sondern noch dazu der niedergelegten
Hauswirte Arbeit übernehmen müsen.
§3 Überdem hat der Herr Obrister denen Untertanen zu Stolpe verschiedene
Wischen und Weiden abgenommen, als 1) die Drummelwischen [am Drömling], welche
von 12 L... , und darinnen ein jeder Hauswirt eines gehabt. 2) einige Stücke
Wischen, so von den Köthenern eingetan, deren Land, so sie vorhin gehabt, er zu
sein Hoffeld gezogen. 3) eine Koppel aus der gemeinen Weide, so er verhäuert. 4)
eine Wische, so er dem Müller zu gewisser Pension eingetan und 5) eine Koppel,
so der Fischer besitzet, wogegen er dasjenige Land, so diese Leute vorhin
gehabt, zum Hoffelde geleget, und von dem, was denen Untertanen genommen,
jährlich Heuer dazu genießet. 6) hat er ihnen gleichfalls abgenommen den halben
Anteil der Stauung, so ein großes Stück Wischland, denen Stolpern zugehörend und
von dem Hoffeld durch einen Graben ist abgesondert gewesen. 7) ist denen
Wankendorfern ein Stück Landes, genannt "baven Ovendorf "genommen, welches zwei
Häuersleute bewohnen, und von solcher Konsequenz ist, daß der erste 80 und der
letzte 60 Rthlr.jährl.bezahlet. 8) so haben auch dieselbe auf der Wisch in
Wolfbrook die Vor-und Nachweide gehabt, welche der Herr Obrister gleichfalls
ihnen genommen, und nun mit seinem jüngern Vieh betreibet. Endlich 9) ist den
Wankendorfern ihre Weide auf den Kuhlraden vor etwa 4 oder 5 Jahren entzogen,
wofür der Herr Obrister 40 Rthlr Pension jährlich genießt. Die Wegnehmung der
Stauung, so den Stolpern und der Kuhlraden, so den Wankendorfern zugehöret, ist
allem Anschein nach, und wie es auch die Untertanen nicht nur, sondern die
Häuersleute, Voigte, und in specie ein alter Voigt auf dem Hofe und nunmehr
Häuersmann, namens Hans Kummerfeld bezeuget, der rechte Grund und die Wurzel
aller Uneinigkeit, widerwillens und feindschaftliche Regungen zwischen dem Herrn
Obrister und den Untertanen, so von der Zeit an sich hat begonnen zu äußern, von
Tage zu Tage angewachsen, und endlich zu dem jetzigen Unglück ausgeschlagen ist.
§4 Denn es haben die Untertanen nicht allein die Weide für ihr Vieh
missen, sondern auch die Koppeln, so an andere verhäuret, ausroden, eingraben
und zumachen müssen. Wiedrum das letzte Stück der Wankendorfer "auf dem
Kuhlraden" genannt, voll Stemmeln [Stubben?] gewesen, und die Untertanen alle
Jahr einen Schlag davon zu raden und in Stand bringen müssen; nicht weniger an
der Stauung eine solche Arbeit mit Grabenziehung, als wenn es in der Marsch
wäre, zu tun gezwungen worden, daß, wie die Landkündiger [Landkundigen?] sagen,
es nimmer die große Arbeit werde belohnen können, so die jüngeren Leute daran
tun müssen.
§5 Solcherwegen nun haben die Hofdienste nicht anderes, als von Tage zu
Tage verschweret werden können, ein jeder Hauswirt hat ... müssen einen Knecht
mehr zulegen, als er jemals vordem zu Hofe geführt. Statt daß er nur drei zu
gewöhnlichen Hoftagen, in der Ernte vier und wenn extraordinär etwas
vorgefallen, fünf Dienste gesandt, hat er in den letzten Jahren ordinär vier, in
der Heuernte fünf, in der Pflugzeit und Kornernte sechs Dienste beständig
halten, und wenn es befohlen worden, den siebenten, oftmals viermal in der Woche
mitschicken müssen, welchen, wann die Hauswirte nicht halten können, haben sie
selbst mit daran, und nach Hofe gehen müssen. Pferde haben sie vordem nur 4 zu
den Hofdiensten und Fuhren jederzeit gehalten, aber nun, einige Jahr her, da das
Dorf Horst niedergelegt , und das Hofland so viel vermehret worden, müssen sie 8
in Hofdienste senden und 4 zu ihrer [eigenen] Arbeit halten. Und jedennoch,
weilen alles Volk zu Hofe den ganzen Tag gehet, und die Alten öfters selbst mit
daran müssen, mehrenteils des Abends und am Sonntage ihre Arbeiten verrichten
und bestellen.
§6 Hergegen ist durch Abnehmung so vieler Ländereien der Untertanen ihr
Vermögen geschwächet, für ihre Pferde und Vieh haben sie des Sommers keine
genügsame Weide und des Winters wenig oder kein Futter gehabt, daß Pferde und
Vieh im Felde laufen, verderben und nicht unselten gar krepieren müssen. Es
finden sich dieser Stunde verschiedene Hufner im Gute Depenau, welche nur 4, 3,
ja nur 2 Kühe haben und sich beklagen, nicht so viel Butter machen zu können,
als sie ihren Leuten, so zu Hofe gehen, mitgeben müssen. Fällt eine Kuh oder ein
Pferd ihnen weg, so gibt der Herr Obrister ihnen keines wieder, sondern sie
müssen sehen, wo sie eines herbeischaffen. Vielmehr, wann dem Herrn Obrister
selbst seine Kühe wegfallen, so nimmt er, der Untertanen Bericht nach, von der
Untertanen ihren, und ersetzet seinen erlittenen Abgang damit. Es möge nun einer
was verbrochen haben, und des convinciret sein oder nicht, er möge sich auf
seine Unschuld berufen wie er wolle, so trifft alle Untertanen die Wegnehmung
der Kühe, der nur eine gute hat und sollte der Vorwand auch nur sein, die
Untertanen haben ihm Kühe totgehext, darum er nehme sie wieder. Überdem hat der
Herr Obrister nachgerade die Geldab... gesteigert, daß nun ein jeder Hauswirt ,
statt er vordem nicht mehr als 1 Rthlr. gegeben, 4 Rthlr.auch, statt jährlicher
5 Rthlr nunmehr 15 Rthlr Häuer bezahlen muß. Annebst auch andere kleine onera
(?) ihnen auferlegt, welche nimmer ohne Uncommodität seien, öfters aber ihnen zu
Schaden und Unkosten gereichen.
§7 Über dieses alles hat der Herr Obrister auch particuliere Hauswirte
und Untertanen, von welchen er die Gedanken gehabt, daß sie noch was hätten,
sehr gedrücket, und nicht nachgelassen, bis er sie nebst den anderen
niederträchtig gemacht, Hanß Lütje Johann aus Stolpe hat er ein Stück Landes
weggenommen, allen anderen aber ihr dabei liegendes behalten lassen, Hanß
Tietjen hat er im vorigen Jahre eine Wiese von 7 Fuder Heu Aufwachs, desgleichen
dem Clauß Tietjen ein Block [quer liegendes Ackerstück?], darin ein halbes
Scheffel Korn eingesät werden können, weggenommen. Hanß Löhndorff auf Wankendorf
seinem Vater hat der Herr Obrister statt einer abgenommenen Wiese ein Stück
Landes, so er auraden sollte, wiedergegeben. Als er nun mit seinen Kindern
unsäglich sauer Arbeit daran getan und es zu nutzbar Land gemacht, hat er es
ihnen wieder abgenommen und dem Häuersmann auf dem Kuhlraden mit zugelegt
(Duggen). Diesem seine Kinder Hanß und Detlef Löhndorff hat er mit Gewalt
gezwungen, daß ein jeder eine verwüstete Hufe annehmen und davon recht tun
solle. Wie er nun gemerket, daß diese, als welche noch was in Händen hatten,
darauf fortkommen würden, hat er 50 Rthlr. an barem Gelde von einer jeden Hufe
als Restanten gefordert und ihnen abpressen wollen, worüber sie so desperat
geworden, daß sie ausgetreten [entwichen], und als er sie wieder bekommen, hat
er bloß an barem Gelde, wider alle Zusage, ihnen 170 Rthlr.weggenommen. Aßmuß
Lütje Johann aus Wankendorf, weil er durch Unglücksfall in die Hand der Ärzte
geraten, hat er sofort mit seiner Frau von der Hufe geworfen, all das seinige
ihm genommen, daß er für seine 5 Kinder Brot betteln müssen, die nun alle zu
Hofe gehen. Jochim Dugge zu Horst hat er nicht allein ohne Entgelt seine
ausgesäte Wintersaat genommen, sondern auch die Hände an den Hals schließen und
in die Spanische Jungfer viele Tage legen lassen, bis er eine Hufe in
Wankendorf, worauf der Wirt zurückgekommen [verarmt s.u.], anzunehmen sich
erklären müssen. Ob er gleich erbötig gewesen, all sein Vieh und Beschlag dem
verarmten Wankendorfer Hauswirt und sonst zu seiner Aufhaltung hin zu geben,
wenn er nur sein Brot sonst verdienen und seine Frau zu dem Garten ihre
Hofdienste verrichten möchte. Diesen hat bald hernach der Herr Obrister hart
schließen und gefangen legen lassen wegen des, daß sein ... Kind, so er danach
wieder gekriegt, ausgetreten [entwichen]. Und wie er sich aus dem Gefängnis
losgemacht, freiwillig aber widerzukommen sich erboten, wenn er nur weiter nicht
so grausam hantieret würde, weil er aus keiner anderen Ursache entflogen, so hat
der Obrister ihn dessen zwar versichern lassen. Aber solchem zuwider, da er sich
eingestellet, de novo [von neuem] schließen und ängstigen lassen, bis er bar 20
Rthlr. dem Herrn Obrister erleget, und noch 40 Rthlr ausgesaget, die auch
nachgerade durch Pfändungen und sonsten von ihm gepreßt. Einen Untertanen Jochim
Dugge, welcher auf dem Hofe Meißling (?) viele Jahre gedient, daselbst eine
freie Person, welche von seiner Eigenschaft kein Wissen gehabt, geheiratet, 11
Jahre gewohnt, und Kinder gezeuget, hat der Herr Obrister auf öffentlicher
Heerstraße, da er ihm ungefähr begegnet, ... , in Bande und Gefängnissen legen,
und nicht eher erlassen wollen, bis die Frau mit allen Kindern sich ihm zu eigen
mitgeben müssen. Über solche dergleichen Bestrafungen und harte Executiones an
den Untertanen ist niemals von ihm ordentlich producirt, oder Ding und Recht
gehalten, weniger ein Urteil gesprochen worden, sondern das hat alles so seinen
Fortgang haben müssen.
§8 Hierzu ist dieses noch gekommen, daß auch außerdem der Herr Obrister
die Leute durchgehend sehr hart und streng angelassen, sie für Düvels, Hexen und
dergleichen gescholten und ohne Scheu beschuldiget, daß sie ihm seine Kühe,
seine Schweine und ander Vieh umbrächten. Wie denn der Schinder einer Kuh den
Kopf abhauen müssen, welcher auf einer langen Stange oben zum Giebel, --- -darin
einfach zu dem Ende ausgeschlagen- des Kuhstalles gestrecket herausguckt und
gleichsam nach den Dörfern der Untertanen hinsieht, welches die Untertanen so
aufgenommen, daß es ihnen zum öffentlichen Schimpf und Spott geschehen, als
welche die Hexen wären, so durch dieses Scheusal auf den Hof mit ihrer Hexerei
mehr kommen zu können gehindert werden sollten, und daß alles zurück fallen
müßte auf ihr eigen Vieh. Es wäre viel von solch abergläubischen Dingen, so
vorgekommen, zu erzählen. Allein, wie es nichts zur Sache tut, also ist dieses
gewiß, daß sich die Untertanen das letzte recht zu Gemüte gezogen und ihnen sehr
geschmerzet, wenn sie nicht allein en particulier, sondern auch en universell
sich für Düvels und Hexen sich haben schelten hören, ja, wie einem und anderem
geschehen, unter solchem Vorwand gar strafen lassen müssen.
§9 So haben es auch in den beiden letzten Jahren absonderlich die Voigte
mit den jungen Leuten sehr hart gemacht, indem sie auf der Stauung 6, und wo es
gar schien, 4 Ruthen alle Tage mit noch einem Überschlag bei jeder Ruthe 2 Spade
[Spaten] tief und 4 Fuß breit ausbringen müssen, obgleich dieses eine ganz
unnützliche Arbeit, auch der Grund so schien, daß sie es meist mit der Axen
ausraden müssen. Wenn nun diese Unmöglichkeit demonstriert, haben sie nichts als
Drohungen und viel Rüffel fluchen zur Antwort bekommen: kein Schlacken (?),
Regen, Kälte oder Jahreszeit hat dieser Arbeit Anstand machen müssen, so lange
nur damit fortzukommen gewesen: Dabei haben sie zu Hause ihre Wirte-Arbeit [beim
Bauern] auch mit getan; hingegen aber haben die Alten oder Wirte nicht dieselbe
begegnen können, wie sie wohl gesollt. Ihren Lohn, welcher doch nur ... geld
ist, haben sie von vielen Jahren hier stehen lassen müssen, das Eßbündel, das
sie nach den Hofdiensten mitnehmen, ist so schlecht geworden, daß die jüngeren
Leute die schwere Arbeit dabei auszustehen sich beklaget, und doch haben es die
Alten, als obb... maßen alle niederträchtig gemacht, und weil von ihrem Stand
abgekommen, nicht ändern können; daher im vorigen Jahr 6 Knechte auf einmal
weggegangen.
§10 Wie nun solchergestalt sich die Untertanen in äußerste Not gebracht
sehen, und an verschiedenen Hauswirten Exempel vor sich gehabt, daß sie bei
ihrem Alter herunter gestoßen und betteln müssen, haben alle Hauswirte in
Wankendorf und Stolpe, deren an der Zahl 23 seien, sich zusammengetan und sind
alle resolviert geworden der aller- und gnädigster Herrschaft ihre pressures zu
klagen und um Endigung anzuflehen, sind auch in solchem Vorsatz bis Kiel
gekommen, woselbst sie einen Schulmeister geholt gehabt, daß er ihnen eine
Supplique fertigen solle. Es ist aber ein Mann in ihr Quartier zu sie gekommen,
hat sich mit ihnen in Gespräch eingelassen, ihnen vorgestellt, wie sie nicht
allein nichts ausrichten, sondern auch Gefahr schwerer Ungnade zu erwarten, das
Armenrecht aber nicht bekommen würden. Da sie jedoch kein Geld hätten,
dergleichen Prozeß anzufangen, wodurch sie intimidirt, daß sie umgekehrt seien.
Und wie dieses etwa um Martini 1706 gewesen, so sind die sämtlichen Hauswirte,
und mit denselben auch die Knechte nach dem Herrn Obristen auf Depenau selbst
gegangen, ihm ihre Not vorzustellen : Daß er doch die Hofdienste etwas mindern,
die Arbeit denen jüngeren Leuten nicht zu schwer auflegen und von ihnen
abgenommenen Ländereien ihnen etwas wiedergeben möchte; so wollten sie nach wie
vor als redliche Untertanen aushalten etc..Aber der Herr Obrister hat nicht
einen einzigen von ihnen vor sich kommen lassen, auch die Supplique ihres
Einhalts, so sie zuletzt hinein gesandt, ohne einige Resolution wieder
zurückgeschickt.
§11 Im Umschlag des laufenden Jahres hat der Herr Obrister 6 der Knechte,
(worunter auch der [später] Entleibte mit gewesen), die er nach Kiel kommen
lassen, arrestirt und in die Hauptwache gesetzet; hernach alle Wirte
verbotschaftet [sagen lassen], daß sie herin kommen und diese Knechte losbürgen
sollten; und wie sie des Bedenkens getragen, hat der Verwalter ihnen nomine
[namens]des Herrn Obristen sagen müssen, daß sie sich denn nur packen und gehen
könnten, wo sie wollten. Die meisten Knechte sind darauf weggegangen, 11 haben
des Vorsatzes nicht wiederzukommen sich absentiert : Doch sind die Wirte ihnen
nach gewesen und ist dadurch so viel effectuirt [bewirkt], daß zwene [zweie]
sich wieder eingefunden, 9 aber vergeblich von dem Herrn Obristen bishero
gesucht worden.
§12 Nachdem der Herr Obrister einige Zeit von Kiel wieder auf sein Gut
Depenau beständig zu sein angelanget, hat er alle Hauswirte nach Hofe fordern
lassen. Dieselben sind dorthin gekommen und haben aus ihrer Mitte 5 ausgemacht,
welche des Herrn Obristen Antrag hören, und dagegen ihre Not remonstriren
sollten. Darum ist des Herrn Obristen proposition gewesen, daß die Untertanen
insgesamt schlechterdings alles dasjenige, was er ihnen gebieten und auferlegen
würde, tun und leisten sollten. Diese haben dagegen remonstrirt, daß sie das
nicht tun noch aushalten könnten, was in denen letzten Jahren ihnen wäre
zugemutet worden, mit flehentlicher Bitte, daß die Hofdienste gemindert, von
ihren Ländereien aber doch ihnen etwas wiedergegeben werden möchte, daß sie nur
subhistiren und beibleiben könnten.. Sie haben aber die harte Antwort hören
müssen, daß er davon kein Gesetz haben wolle, sondern die Untertanen alles wie
es ihnen befohlen würde, ohne Einrede tun sollten und müßten, und wo sie das
nicht wollten, sollten sie gleich fort und herunterscheren, er wollte sie wohl
zwingen. Diese ganz consternirt, haben ihres Flehens unerachtet, damit fortgehen
müssen. Doch wie dieses den anderen kund gemachet, haben sie ihr Heil noch
weiter versuchen wollen, und sind ihrer zwene mit den Brüdern recht vor dem
Hause stehen geblieben, bis der Herr Obrister ihrer wieder ansichtig geworden.
Da er sie gefraget, was sie wollten, diese hergegen geantwortet haben sollen,
daß sie gerne mit dem Herrn Obrister sich wieder vertragen wollten etc., so er
aber nicht anhören wollen, sondern mit drohendem Gesichte ihnen geboten: schert
weg, schert weg, die denn sich vor seiner Strenge, vor Gefängnis, Bande und
Plagen fürchtend vom Hofe gleichsam weggeflogen.
§13 Zu wehrenden diesen desperaten Bedenken, und da die Untertanen ihren
Vorsatz, die aller- und gnädigste Herrschaft um aller- und gnädigstes Einsehen
anzurufen, hätten fahren lassen; mit Bitten aber bei dem Herrn Obristen in dem
geringsten Stück keine Erhörung haben mögen, sind sie dahin verfallen daß alle
Hauswirte unter sich einig geworden, das ihnen letzt abgenommene Land auf den
Kuhlraden und die Stauung wieder zu sich zu nehmen, anneben einander
beizustehen, daß sie nicht ins Gefängnis möchten geholet werden. In dieses
Bündnis, (wie sie es nennen) oder vielmehr Complot haben sich hernachmals die
jungen Knechte auch begeben; doch nur in so weit, daß sie mit den anderen
verpflichtet sein wollten, beizustehen, daß sie nicht von dem Herrn Obristen so
hart möchten tractiret und nach dem Hofe in die Gefängnisse geholt werden,
weilen die vielen Exempeln bewiesen, wie gar unbarmherzig daselbst mit den Leute
umgegangen würde, und wie mancher ganze Jahr darinnen zubringen müssen, weilen
er keinen Bürgen für sich stellen können. Diese so unzulässige wie als
gefährliche Verbindung der Untertanen ist dem Herrn Obrister nicht unbekannt
geblieben : Dennoch hat er denselben die zulänglichen Mittel nicht vorgekehret,
ob er gleich Zeit genug dazu gehabt; auch nicht einmal einen Verbot desfalls
ergehen, noch die Untertanen abmahnen lassen. Doch haben die Untertanen nachdem
nicht unterlassen, den Herrn Obristen durch Bitte und Vorbitte zu milderen
Gedanken zu bringen, gestalte sie noch eine schriftliche Vorstellung und Bitte
an ihn eingereicht, und wie auch damit nichts ausgerichtet, ihren Beichtvater,
den Herrn Pastoren zu Bornhöft an den Herrn Obristen gesandt, ihn um Linderung
der Auflage und Restituirung einiger abgenommener Ländereien auf inständigst zu
bitten. Dieser hat dem Herrn Obristen dabei vorgestellt, was aus der
Verweigerung und beharrlichen Strenge besorglich entstehen möchte : Insonderheit
ihm versichert, daß die Untertanen via facti in Wiedernehmung ihres Landes
procediren würden. Aber er hat nichts ausrichten mögen, sondern auf das letztere
die Antwort bekommen, so schieße er, der Herr Obrister, die Untertanen auf die
Köpfe.
§14 Als nun denen Untertanen diese Antwort zurückgebracht, und in den
folgendenverschiedenen Tagen, so sie noch gewartet, nichts Näheres oder Besseres
durch den Herrn Pastoren von dem Herrn Obristen oder sonsten geworden, und die
Hauswirte am 11. März insgesamt hingegangen, und haben den Zaun und den Graben
auf den Kuhlraden eingerissen, und dieses Land als das ihrige wieder nehmen
wollen, desgleichen haben sie auf dem Stolperfeld auch ein Stück, das
Zimmermannskoppel genannt, tätlich wegzunehmen, resolvirt. Jedoch ist dieses
letztere etliche Tage verschoben, bis der 23. März hierzu verabredet worden.
Aber es haben die Wankendorfer - ob sie nun des Obristen Dreüung [dräuen ?] und
Rache gefürchtet, oder was sie sonst für Absicht dabei gehabt, kann man gewiß
nicht sagen - es widerraten, daß sie am 23.März an den Ort solche Tat auszuüben
nicht hingekommen.
§15 Dem Herrn Obristen ist dennoch ihr gehabtes Vorhaben entdeckt, der
sich dann die ganze Nacht vorher auf dem Hofe zugerüstet. Seine Schützen,
Diener, Laqueien, Bereiter, Voigte armiert, nebst ihren und dem Herrn
Jägermeister Kalckreuter morgens um halb vier vom Hofe ab und nach eines
Häurermannes Hanß Kummerfeld geritten, woselbst sie sich verborgen gehalten;
indes aber sind Boten ausgeschickt, so die Häuersleute von allenthalben mit
Gewehr dahin entboten, welche sich auch zu Pferde, doch alle ohne Schießgewehr,
außer dem Bauknecht auf Löhndorf, mit Forken bewaffnet eingefunden. Wie sie nun
alle 18 Personen stark zu Pferde mit Pistolen, Flinten, Büchsen und Forken
versehen zusammen gewesen, und die Kundschaft eingelassen, daß die Untertanen
sich bedacht hätten, und nicht hier kommen würden, des Zimmermannes Zaun und
Koppel einzureißen, soll der Herr Obrist willens gewesen sein, nach dem Hofe
sich wieder zu kehren und sich schlafen zu legen; allein es ist die Zeitung
kommen, daß die Wankendorfer auf dem Kuhlraden selben Morgens gewesen und des
Häuermanns Frau das Pflügen auf weiteren Bescheid verboten, sonsten sie die
Pflüge entzwei hauen wollten. Der Herr Oberst selbst hat gefragt, ob sie denn
das getan - nämlich die Pflüge entzwei gehauen - (hatten?) - und als er die
Antwort bekommen, nein, sondern sie wären fort damit weggegangen, hat der
Häuersmann vom selben Lande gesaget, sie wären nicht weit, sie könnten sie noch
einholen, und darauf ist alles in vollen Sprüngen ihnen nachgejaget. Der Schütze
Joachim Duggen, so ein Bruder von dem Häuersmann, und des Obristen Diener sind
die vordersten gewesen. Die Wankendorfer Untertanen haben sich die Zeit eben auf
ihrem eigenen Felde bei ihren Zäunen, so der Wind hin und wider sehr umgeweht
und löcherig gemacht, aufgehalten ... gearbeitet. Sobald der Herr Obrister mit
seinen Leuten ihrer ansichtig geworden, haben sie ein groß Geschrei und Jauchzen
angefangen, und sind die vordersten auf 3 Wankendorfer Hauswirte, so oben am
Zaun allein gearbeitet, spornstreichs angesetzet. Diese haben zu entfliehen
getrachtet, einer ist den Acker hinunter gelaufen, zwene haben sich durch den
Zaun reteriert : Es ist aber der Schütze mit dem Jäger-Pferd über- und ihnen
nachgesetzt, und hat in Sonderheit den einen als Bauervoigtes verfolget, und wie
derselbe über einen Dornzaun weggekommen, hat der Schütze ihm vom Pferd durch
den Zaun mit voller Ladung einen Schuß nachgegeben, und in der Lende getroffen,
daß er gefallen. Doch ist der Schütze ihm noch weiter gefolget, und hat mit der
Flinte ihn über den Kopf zu schlagen gedroht, sein Beil ihm herzugeben. Der
andere aber ist indes nachgekommen, und so sind sie beide des Schützen
losgeworden, daß sie zu den übrigen 9 Wankendorfern, welche sich an einen
Dornenzaun hin reteriret, gekommen sind. Unter währendem diesem Präludio und
erstem Angriff ist der Herr Obrister selbst mit allen übrigen Leuten auf diese
Wankendorfer, deren in allem mit dem getroffenen Bauervoigt 11 gewesen,
losgekommen, hat sich dicht vor sie gesetzet, und ihnen befohlen, daß sie ihre
Beile niederlegen sollten. Diese hatten gesehen, wie es dem Bauervoigt ergangen,
waren für überritten (?), wann sie sich vom Zaune abgegeben, vor übel tractament
und vor dem Gefängnis bange, und haben geantwortet, wie er zum andernmal
befiehlt, die Beile niederzuwerfen und heraufzukommen, daß sie das nicht tun
konnten, sondern der Herr Obrister sie lieber so totschießen müßte, denn er sie
doch nur würde zuschanden machen lassen. Wobei sie begehret, daß sie nur Zeit
haben möchten, ein Vaterunser zu beten. Eine kleine Weile danach hat der Herr
Obrister beide Pistolen auf einen Hauswirt Hanß Löhndorf gelöset, deren eine nur
getroffen, so mit groben Hageln geladen und den Hans Löhndorf in die linke Seite
und Arm eingegangen. Als aber derselbe daran nicht gefallen, hat der Herr
Obrister gleich eine Pistole von seinem Diener genommen, so ohne Zweifel mit
einer Kugel geladen, und hat mit diesen Worten : Baron, du sollst sterben, ihm
den Knochen unter dem Auge durch einen Schrämschuß weggenommen, der wenige
Schritte von der Stelle fortgetaumelt und beliegen geblieben. Ein Hauswirt
Hinrich Horst ist mit groben Rehhageln durch das Knie von dem Kutscher, Hinrich
Lille Hauswirt von einem anderen Bedienten geschossen und von dem Schützen der
Hauswirt [Lücke] gewaltig abgeprügelt. Die Beile der Untertanen hat der Herr
Obrister alle aufheben lassen, und darauf alle Hauswirte, auch die verwundeten,
dem Hofe und Gefängnis zutreiben lassen. Außer dem Hanß Löhndorf, von welchem
niemand anderes gemeint, als das er seinen Geist aufgeben würde. Aber durch
Gottes gnädigste direction ist der Schuß, wie gefährlich er gleich abgezielet,
dennoch so abgegangen, daß der Mensch diese Stunde lebet, und wieder curiert,
außer daß er mit dem Auge nicht sehen kann.
§16 Wie diese 10 Hauswirte so auf dem Tritt sind, ist der Herr Obrister
immer hinter sie hergewesen mit dem Degen und hat auf sie eingehauen. Da dem
einige vielmal ihm so ausgewichen, daß er ihnen am Leibe keine Wunden anbringen
können, obwohl die Kleider übel zerfetzet, doch hat er einen Hauswirt Detlef
Horst eine tiefe Wunde am Kopf, so nicht ohne Gefahr gewesen, gehauen. Und einen
andern namens Detlef Löhndorf seines geschicklichen Ausweichens ungeachtet über
de linken Arm endlich eine schmerzliche Wunde gegeben.; den Bauervoigt Aßmus
Horst, der von dem Schützen schon so getroffen, hat er sich weisen lassen und
auf denselben einen gefährlichen Streich gefaßt, dem aber derselbe durch ein
tiefes Niederbücken entgangen und unter die Pferde sich reteriert, von dem
Holzvoigt Hinrich Bichel aber mit einer Forke hinter die Ohren geschlagen, daß
er wieder zurück gemußt. Es ist unter anderm auch auf dem Wege nach dem Hofe zu
ein knietiefes Loch. Da hat der Herr Obrister gewollt, daß die Untertanen gleich
durch sollten getrieben werden, und haben dieselben durch den Schützen Gerd
Schlüter kaum erbitten mögen, daß sie obenrum nach dem Steg gehen dürfen. Sobald
sie aber über gewesen, hat der Herr Obrister mit dem Degen, wie vorher erzählt,
wieder angefangen.
§17 Als nun unter solchen Begegnissen die Wankendörfer Untertanen das
Stolperfeld erreichet, kommen die jungen Knechte aus dem Dorf eben herauf, um
nach ihren Hofdiensten zu gehen, haben Aschers ["Äscher" = Spaten], Beile und
ihre Freßbündel bei sich, und wie ihnen das Ding wunder gibt, wo es zugehen
möge, daß die Hauswirte von so vielen zu Pferde den Weg nach Hofe zu getrieben
würden, gehen sie gerade auf sie zu. Dem Herrn Obristen wird von dem Voigte zwar
gesaget, daß es die Knechte wären, so auf ihre Arbeit gehen wollten. Aber er hat
dennoch stille gehalten und sein Gewehr fertig gemachet. Gleich darauf sind die
Stolper Hauswirte an der Zahl 12 eiligst aus dem Dorfe nachgeloffen kommen, und
hat jeder ein Beil oder Forke in der Hand gehabt - nachdemmals das Geschrei von
dem Passierten in Stolpe gekommen - Des Herrn Obristen seine Leute haben darauf
auch ein wenig zurücke gehalten und geschehen lassen, daß die Stolper mit den
Wankendorfern zusammen getreten. Da denn einer von den Wankendorfern in dieser
Meinung die Stolper angeredet haben soll, sie täten wohl, daß sie ihr Wort
hielten und ihnen beistehen wollten, daß sie nicht nach dem Hofe ins Gefängnis
gejagt würden : Aber es war umsonst, sie waren schon zuschanden gemachet, wie
sie sehen könnten, und dürfte es den Stolpern nicht besser gehen. Sie wollten
niederfallen und ein Vaterunser beten, und dem trachten, daß sie nach dem Dorf
kommen möchten. Wie sie vom Gebet aufgestanden, haben sie auch sofort in solcher
resolution von dem Hofweg ab und Zufeldein nach Stolpe zugezogen, so des Herrn
Obristen Leute, welche dicht an sie unter den Bäumen, weilen es sehr geregnet,
gehalten, nicht verwehret haben. Aber der Herr Obrister ist in vollem Laufe
zugerannt, hat seinen Leuten zugerufen, was das sein sollte, ist vor den
Untertanen ... übergeritten, und hat befohlen, daß sie stehen sollten; gleich
wie das geschehen, sich gewendet nach dem hintersten, und einen Knecht namens
Clauß Löhndorf, der seinen Ascher über der Schulter, das Beil und das Freßbündel
daran hängen gehabt, und nebst den anderen auf dem Weg nach Hofe schon wieder
umgekehrt gewesen, einen solchen Schuß mit der Pistole an den Kopf gegeben, daß
er in angezeigter positur rücklings niedergeschlagen und alsbald sinn- und
sprachlos geworden. Wie nun alle, auch diejenigen, so bei der Action abseits des
Herrn Obristen gestanden, so viel derselben bis dato ihre Disposition getan,
nicht sagen können : daß dieser Knecht vor anderen was verbrochen oder Mine
gemacht, daß er sich wehren oder jemanden Schaden tun wollen oder ... was
gesprochen habe : Also bezeuget das Attestatum Medici et Chirurgi, welche nach
der PHGV (?) die Inspectionen Cadavens mit großem Fleiß und Vorsichtigkeit in
praesentia Notaria cum adjuncto loco duorum testium requisito, getan haben, daß
das vulnus, so der Herr Obrister diesem Menschen durch einen mit Kugeln
geladenen Pistolenschuß in den Kopf durch das Cyranium gegeben, für sich letal,
und nichts als den Tod mit sich führen können. Es sind darnächst aufzurufen des
Herrn Obristen viele Schüsse auf die Untertanen geschehen und vier Menschen
dadurch teils sehr hart und gefährlich verwundet. Worauf den Untertanen
befohlen, ihr Gewehr niederzuwerfen und sich alle auf die Erde zu legen. Das
haben sie getan, womit dann das Schießen aufgehöret hat. Die Knechte sind alle
mit Willen des Herrn Obrister weg und an ihre Hofdienste gegangen. Die Wirte
aber aus beiden Dörfern sind ins Gefängnis auf den Hof zu gehen beordert, doch
daß die Wankendorfer sich von den Stolpern absondern sollten. Sobald das
letztere geschehen, hat der Herr Obrister mit dem Degen unter den Stolpern eben
so scharmützieret, als vorhin unter den Wankendorfern, und verschiedene
blessiert. Unter anderen aber den Kirchgeschworenen aus Stolpe Hanß Lütje Johann
durch verschiedene schwere Streiche übel zugerichtet, insonderheit beide Hände
zuschanden gehauen. Des Hanß Lütje Johanns sein Sohn, welcher ins Gesicht auch
hinten im Kopf und also zweimal mit Hageln getroffen, ist nebst dem Toten auf
dem Platz liegen geblieben. Auch ein Stolper Hufener, Hanß Dugge, der mit vielen
Hageln oben in den Kopf geschossen, und zwar, wie man saget, von seines Vaters
Bruders Sohn, dem Häuersmann auf Kuhlraden; und daher haben sie Gelegenheit
gehabt, daß sie von den Ihrigen sofort weggeholt und nach der Langen Rege
["Langen Reihe" auf Bockhorner Gebiet] zu einem Balbierer gebracht.
§18 Die anderen Hauswirte alle , verwundete und unverwundete, ausgenommen
einen aus Stolpe, so echapiret, sind in tiefe Gefängnisse unter der Erde am
Wasser eingeworfen, woselbst sie elendlich fünf Tage ausgehalten : Weilen in dem
einen Keller das Wasser so hoch, daß kein Stroh, keine Kleider und
...unterlegung verwehren können, daß nicht die Nässe durchgedrungen, anbei die
Verwundeten ein übles Jammern und Klagen geführet, welche nur alle 24 Stunden
und öfters noch später verbunden worden. Die Balbierer, so der Herr Obrister aus
Preetz gefordert, haben besser Quartier für die Leute begehret, aber es ist
ihnen angedeutet, daß solches nicht geschehen könnte, die Leute auch selbst sich
curieren lassen sollten : weshalb er sie auch nicht wieder gefordert worden.
Daher denen Verwundeten der Schuster von der Langenrege, welcher sonderliche
Gaben in dergleichen Curen haben soll, verstattet, der die Änderung ihrer
Gefängnisse auch nicht erhalten mögen, sondern der Herr Obrister ihn wissen
lassen, wenn er nicht auf der Leute Bezahlung sehen und sie verbinden wolle,
möchten sie darin vermolschen [verfaulen] und wolle er sie sodann auf die
Schindgrube führen lassen
Wie denn der Herr Obrister diesen Verwundeten bei
dem schlimmen Gefängnis überdem auch sehr hart gewesen, die Ihrigen nicht zu
ihnen lassen wollen, sondern abgewiesen, daß sie Tüffels und Hexen wären, ihre
eigenen Kinder tot hexten und ihnen welche wieder machen ließen. Auch unter
anderm zu den Verwundeten, wie sie aus dem Gefängnis herausgeholet um verbunden
zu werden, gesaget : Wenn sie nur ein wenig ausgeheilt, sollte einer den andern
aufs Wasser werfen, und dann wollte er sie verbrennen lassen, sie wären Düvels
und Hexen, hätten ihm seine Schweine umgebracht. Welches alles, da sie es in
sich fressen und von ihren Weibern ein solches, wie gemeldet, ihnen dazu
erzählen lassen müssen, ist leicht zu erachten, daß es ihnen mehr als ihren
Wunden müßte geschmerzet haben.
§19 Es ist der Rumor von dieser passierten schlimmen Action erst 5 bis 6
Tage hernach in Schleswig erschollen, da drum nach erlangter einiger Gewißheit
der Hochfürstl Obersachwalter es der Aller- und gnädigsten Herrschaftl. aller-
und unterthänigst denunciret. Als aber der Herr Obrister erfahren, daß der
Arrest ihm würde angeleget werden, hat er sich des Morgens früh davongemacht,
und alles, was mit ihm gewesen ist, ist gefolget. Also, daß außer dem Herrn
Jägermeister Kalckrüter [Kalckreuth?] und dem Koch Daniel Löhndorf sich niemand
finden lassen, welchem der Arrest angedeutet werden mögen. Nachdem nun die
Königl.und Hochfürstl.Miliz in gleicher Anzahl auf Depenau sich eingefunden,
sind der Königl.und Hochfürstl.Obersachwalter aller- und gnädigst befehliget,
eine förmliche Inquisition anzustellen : Zu welchem Ende die am 3.May auf
Depenau zusammengekommen, die Häuersleute, und der Bauknecht auf Löhndorf durch
commandirte von der Miliz einholen lassen, diese auch andere mehr summarische
Aussage tun lassen und von allem ihnen aller-und unterthänigster Bericht zu
weiterer Verfügung abgestattet haben.
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