Landesarchiv Schleswig-Holstein LAS 415, Film 664 (Gutsarchiv Depenau), 53.

Klage Hans Horst, Stolpe, wegen Vertreibung von seiner Erbpachtstelle 1771

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Klageschrift des Untertanen Hans Horst in Stolpe
gegen den Verwalter in Depenau
wegen Schlagen seines Sohnes
und des durch die Flucht desselben entstandenen Schadens, 1771.

Der Hoch- und Wolgebohrenen, verwittweten Generalin, Frau Friderica Christiana Gräfin von Cosell, geborene Gräfin von Stoltzendorff, auf Depenau An die Königl. und großfürst. Schleswig Hollstein
gemeinschaftliche Höchstpreiß. Regierungs Kantzeley
allerde und wehmüthigste Vorstellung
und Bitte
abseiten
Hans Horst aus Stolpe des hochadlichen Gutes Depenau
betreffend die Deposidirung des Supplicanten von einer Pachtstelle, ohne die allermindeste Ursache jetzt um allergnädigste Verfügung [einkommend].

Durchlauchtigster Großmächtigster König.
Allergnädigster König und Herr!
Durchlauchtigster Kayserlicher Kronprintz Thronfolger und Großfürst.
Allergnädigster Hertzog und Herr!
Obgleich ich ungern den Schritt wage, Ew. Königl. Maytt. und Ew. Kayserl. Hoheit mit einer aller unterthänigsten Beschwerde und nach dazu gegen die Person unter deren Bothmäßigkeit ich stehe, in allertiefster Erniedrigung mich zu nähern; so ist doch die Noth worinnen ich unverschuldeterweise versetzet bin, zu überwiegend groß als solche in meinem Alter vertragen zu können, wie Ew. Königl. Maytt. Und Ew. Kayserl. Hoheit aus folgenden facto allerhuldreichst erkennen werden.

Im vor abgewichenen Winter 1770 müßen 9 Knechte auf dem Hofe Depenau Rocken dreschen, unter welchen Knechten ich meinen Sohn nahmens Hinrich Horst mit hatte.
Bey Nachsehung des Strohes bemerkt der Scheunvogt daß einige Ähren darunter liegen, die nicht ganz ausgedroschen sind. Er suchet sie also heraus, trägt sie beysammen und bedrohet die Knechte solche dem Verwalter vorzeigen zu wollen, der es ihnen lernen solle besser auszudreschen.
Auf diese Anzeige ersuchen sämtliche Dröscher den Vogt, er möchte sich nur beruhigen, sie wollten gern wieder zu legen continuiren, bis er selbst sagte daß sie anhalten könnten; Sie legen darauf auch wieder zu und arbeiten so lange fort, bis der Vogt selbst declariret, wie es nunmehr tüchtig und gut wäre.
Im mittelst wendet er sich dennoch mit den erst aus gesammleten Ähren zu dem Verwalter, und führet eine Klage wieder diese Knechte, der dann nebst dem Schreiber erscheinet, mit Toben und Fluchen die Leute anführet, und endlich zu wißen verlangt, wer unter ihnen derjenige wäre, der die Ausdröschung unterlaßen hatte.
Wie sie auf die allgemeine Frage alle antworten, es wäre kein einziger von ihnen der nicht gerne ausdrösche, sie hätten solches dem Scheunvogt schon gesagt. Wie er ein paar Ähren aus der ersten zu Lage hervor gezogen, in welchen sich noch Korn gefunden und es müße solches Korn entweder nur außer der Lage gelegen haben oder aus Versehen übergangen seyn, sie hätten auch nachher die vorigen Lagen so lange bearbeitet bis der Scheunvogt selbst declariret sie mögten nur aufhalten in [unleserlich] so versetzt der Verwalter; ihr Teufels und holten Brände soll nicht alle resoniren, ruft darauf meinen Sohn hervor und befragt ihn wer es wäre, der nicht rein aus dröschen wolte! Dieser wiederholte das nehmliche mit dem beyfügen, er hätte von keinem einzigen anders gehört, als daß sie gerne rein ausdröschen wolten; auf der Lage, worauf der Scheunvogt anfangs die Ähren hervorgesucht haben wolte, wären sie ingesamt gewesen, und er könte daher nicht bestimmen, weder daß einer nicht genug geschlagen, noch auch vorher das Korn in den Ähren geblieben, Er der Verwalter mögte es itzt nachsehen, und beurtheilen ob sie die eben abgeerntete Lage gut gemacht hätten, so würden sie so beybleiben; worauf er auch nachfüget die Arbeit für tüchtig erkläret und sie anweiset Tragt nun man weg, es ist genug, und ich sage euch, daß ihr es künftig eben also machet, damit ich keinen Verdruß und Lerm davon habe, welchemnechst nun, wie die Knechte dieses angelobt er sich umgewand und fortgegangen.
Als der Scheunvogt bemerkt, daß der Verwalter auf seine Denunciation nicht gleicht mit der Keule darin schlägt so murret er hierüber, mit den Worten Hinrich Horst kann den Hr. Verwalter immer hinschwatzen wo er ihn hinhaben will. Auf die weise könnte es ihm nichts helfen in der Scheune zu stehen so dürfte er auch nur zu Hause und nach Stolpe gehen.
Durch dieses genauere wird der Verwalter aufgebracht, kehret sich um, gehet auf meinen Sohn zu, schult ihn für einen Hundsvott und schlägt ihn zu gleich an die Ohren daß er herum taumelt.
Mein Sohn nimmt diese Schläge gantz geduldig an, wie aber das Schimpfen und Schelten kein Ende erhält, so versetztet er endlich nach Herr Verwalter schelten sie doch nicht so auf mich ich bin ja allemahl bereit das zu thun was ich soll, und arbeite gerne, als ein ehrlicher Kerl meiner Herrschaft treu und redlich.

Kaum hat er diese Worte ausgesprochen, so springet der Schreiber zu, dauert gewaltig darüber, daß er noch spräche, und schlägt von neuen unbarmherzig auf ihn ein denn er, nach verschiedenen Prügeln und weil er nicht entweichen kann die Hand abhält und flehentlich bittet, ihn doch nicht ungesund schlagen zu mögen.
Augenblicklich stellt der Verwalter ordre meinen Sohn zu arretiren und im Keller zu werfen, welches denn auch geschieht; indeß findet dieser Gelegenheit sich aus dem Keller los zu brechen und mit der Flucht der etwaren beliebten weitern Strafe auszuweichen.
Tags darauf erscheint ein commando welches ihn abholen soll; wie aber mein Sohn echagiret ist, so verwahrt man einen anderen, gibt ihm den Soldaten mir, um solche für ihre Bemühungen zu belohnen, und dieser muß jetzt auf 4 Jahre als musquetier par force dienen.
Mir war von der Entweichung meines Sohns auch nicht das allermindeste wißend, als ich solcher wegen zu Hofe gefordert und von dem H. Justitiario befragt würde, wo derselbe geblieben und sich aufhalte! Ich beantwortete diese Frage auf mein gewissen und nach der Lauteren Wahrheit: Daß ich nicht die allermindeste Nachricht davon zu geben im Stande wäre, weil ich meinen Sohn seitdem daß er zu dreschen nach dem Hofe gegangen, weder gesprochen noch mit Augen gesehen hätte; wie ich begehrenden Falls immer mit dem Theuersten Eyd bewähren könte.
Bei Endigung dieser meiner Abhörung erhielt ich den schließlichen Bescheid, ich solte meinen Sohn binnen 14 Tagen wieder auf dem Hofe einliefern, oder 100 [?] für ihn bezahlen. Beydes war mir unmöglich da ich den Auffenthaltsort meines Sohnes eben so wenig, als wenig die gegenden wüßte wohin er seine Flucht genommen hatte, und da ich das Vermögen nicht besaß über 100 [?] disponiren zu können; ich declarirte also mit schwimmenden Augen, man würde mir doch das Vergehen meines Sohns wovon ich nicht den geringsten Antheil hatte ja woran ich nicht einmal wüßte nicht zur Last legen, es wäre mir Hertzkränkend genug, meinen Sohn verlohren zu haben der sich von Jugend auf, treu gehorsam und fleißig ohne Murren bezeigt, und den ich zu meinem Troste mir selbst wieder zu erlangen wünschte, ich wollte keine Mühe sparen, ihn nach zu suchen, und wenn es mir auf der Welt möglich, ihn zurück zu bringen; indeß da er ein junger frischer Mensch wäre der wohl schon außerhalb Landes gelaufen seyn könnte, so dürfte ich mich wohl keine sichere Hoffnung zu seiner Einholung weniger aber noch dahin machen ihn just binnen 14 Tagen zu liefern, und 100 [?] hatte ich bekanntlich nicht wenn sie mir auch für das Verfehlen eines andern, abgenommen werden könnten.
Der H. Justitiario resolvirte kurz; meine Güter würden doch 100 [?] wehrt seyn; an diese wollte er sich halten, selbige verkaufen und sich solcher gestalt zu dem Gelde verhelfen, welches ich endlich seiner Willkühr unter der Bedingung überlies, wenn er dazu berechtiget wäre.
Muthmaßlich setzte dieser Ausdruck den H. Justitiarium in weiteres Nachsinnen und er verfügte an deren statt, daß ich Märztag 1770 von meiner innehabenden Erbpachtsstelle von welcher ich die bestimmte abgabe und dinste dergestallt prastiret, der Herrschaft platterdings nichts schuldig zu seyn de facto herunter geworfen würde.
Durch diese Verfügung sehe ich mich mit meiner Familie der Mittel meiner Erlautung beraubt; ich flehete also darum an nur so lange bey der Stelle gelaßen werden zu mögen bis ich allerhöchsten Ortes meine Sache aller submissest vorstellig machen und rechtliche Entscheidung hirüber bewürcken könte, welches H. Justitiarius mir aber mit diesen Worten abschlug muß nicht ich recht haben und ihr sollt herunter wenn ihr hernach Recht habt, so könt ihr auch Recht erhalten, ihr solt aber nicht befugt seyn außer dem Gute zu gehen. Ew. Königl. Maytt. und Ew. Kayerl. Hoheit werden aus diesem Zusammenhang der Sache allergnädigst beherzigen, wie hart und unerhört mit mir verfahren worden da ich ohne alle Ursache, ohne einiges unverweislich zu machen das Vergehen, aus dem Besitz meiner Erbpachtstelle gesetzt bin, von woher ich der Herrschaft beständig alle Ableistungen treu und ehrlich, ohne den mindesten Verzug praestiret habe.
Wäre ich mit meiner Familie frey so hätte ich noch anderen Vortheil für mich, von derweilig mein Brod noch Nothdurft zu suchen; woher gegen ich anjetzt in Kummer Elend, und Bedränk als ein Leibeigener den Rest meiner Tage verbringen, und für meinen so vieljährigen Abtrag und Fleiß Hunger, Durst, Frost und Blöße zur Belohnung suchen muß.
Ohnmöglich werden Ew. Königl. Maytt. und Ew. Kayserl. Hoheit die von dem H. Justitiario in diesen Stücken gemachte Vorkehrung billigen und gestaten, daß ich, als ein vieljähriger älterer Unterthan, der seine Praestando unverkürzt praestiret, bloß aus anderer Vergehungen meiner zeitlichen Wohlfahrt entsetzentend der unerträglichen Dürftigkeit unterworfen bleiben soll.
Kann der H. Justitiarius mir überweisen, daß ich an dem Vergehen meines Sohns Schuld, oder daß ich ihn zu seiner Flucht behülflich gewesen bin, oder daß ich ihn seitdem gesprochen und den Ort seines Auffenthalts gewußt habe, so bin ich freylich sträflich und unterwerfe ich mich auch aller Urtheilen Ahndung; allein ohne dergleichen kann ich doch ohnmöglich büßen, und aus meiner Erbpachtstelle vertrieben werden von welcher ich beständig gerecht geworden bin. Ew. Königl. Maytt. und Ew. Kayserl. Hoheit Landesvaterliche allerhöchste Hulde und Erbarmung lassen mich dennoch nicht davon zweifeln allerhöchstdemselben werden, wie ich hiemittelst in allertiefster Erniedrigung darum anrufen, in allerhöchsten Gnaden zu verfügen geruhen, daß ich in den Besitz der Maytag 1770 einer de facto abgenommenen Erbpachtstelle so fort wieder gesetzet und so lange als ich davon praestanda praesentire darin gelaßen auch wegen des bis daher gehabten Schadens und Nachtheils nach billiger Schätzung indemnisiret werde.

Aber ich in aller untertänigster Ehrfurchst ersterbe Ew. Königl. Maytt. und Ew. Kayserl. Hoheit allerunterthänigster Knecht
Hans Horst
Stolpe, d 13 August 1771.

Dazu email von:


Klaus Baese
Groof 2
24787 Fockbek
Tel. 04331-62899
kbaese@aol.com

IST DAS DER GEFLOHENE SOHN?

Zu meinem Vorfahr
Hinrich Horst *7.3.1748 in Wankendorf,+ 28.4.1804 in Wapelfeld / Hohenweststedt
wird bei seiner Heirat in Hohenweststedt im Kirchenbuch eingetragen:
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Kopulation: 6.10.1775 Tappendorf mit Ulrike Feddern (Hohenweststedt 0/1775)
Der Gesell und Tischler Hinrich Horst aus Wankendorf, Ksp. Bornhöved,
des Insten Hans Horst, daselbst, und Christina Hedewig, geb. Riecken, ehel. Sohn mit
Jungfer Ulrica Amalia Feddern aus Maisborstel, Ksp. Schenefeld,
des weiland Tischlers Jürgen Christian Fedders und Magdalena Catharina, geb. Mölken, eheleibliche Tochter
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DAZU AUS DATEI RIECKEN 1:

1. Generation

I 1 HANS, Kielerkamp
oo Bornhöved 23.2.1673
GARDRUTH OESTRICH;"Glaßhütte auf der Weide" (Obendorf)

6 Kinder:
II 1 Trinke * 1674
II 2 Jürgen * 29.4.1677
II 3 Hinrich * 18.4.1679, + 23.2.1760, " Ww. 80 Jahre alt, Ovendorf"
II 4 Hans * 23.10.1683
II 5 Pagel * 29.6.1684
II 6 Sophie Liesb. * 27.2.1687

2. Generation

II 3 HINRICH (Friedrich), * 18.4.1679, + 23.2.1760, Witwer, 81 J., Obendorf, "Alte- Depenauer- Glashütten- Stelle" genannt und zwar sehr wahrscheinlich als Nachfolger seines Onkels, Paul dem Älteren (s.o.), Heuerstelle "baven Ovendorf"
oo
CATH. MARG. NN, * um 1680, Ehefrau, Ovendorf, 72 J., + 29.12.1752

Kinder:

III 1 Claus Friedrich * um 1709
III 2 Christ. Hedwig * um 1720 Obendorf, + 5.12.1795, 75 J. 6 Kinder, 38 Enkel, 7 Urenkel
oo 1742 Hans Horst, * 1713 Obendorf, + 13.12.1801., 88 J.,
bis 1770 Erbpachtstelle in Stolpe, 1770 abgesetzt, Affäre um Sohn Hinrich -> siehe LAS-Text oben.




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